Heute trifft der Ferencvárosi Torna Club auf Slovan Bratislava. Ein Duell, welches zuletzt vor 30 Jahren stattfand und eine dunkle Europapokal Geschichte hinterlässt. Wir werfen einen Blick auf die Brisanz des Aufeinandertreffens. Was geschah am 16. September 1992?

Der Konflikt Slowakei – Ungarn

Im Spätsommer 1992 begann ein neues Kapitel des Weltfußballs. Die UEFA Champions League löste den Europapokal der Landesmeister ab. Nach dem Zerfall Jugoslawiens nahmen 36 Teams an der Königsklasse teil, sodass erstmals eine Qualifikationsrunde ausgespielt wurde. Die Meister aus Ungarn und der Tschechoslowakei galten derweil als gesetzt. Slovan Bratislava gewann das spannende Meisterschaftsrennen gegen Sparta Prag und Ferencváros hatte in der ungarischen Liga ebenfalls die Nase vorn. Die Losfee bescherte den Teams ein Aufeinandertreffen, was nicht nur sportlich für Gesprächsstoff sorgte. Zwei Tage nach der Auslosung endete die Ära der Tschechoslowakei.  Der damalige Ministerpräsident Vladimir Meciar, der im Nachgang als nationalistisch und autokratisch bezeichnet wird, rief zur Unabhängigkeit der Slowakei auf.  Offiziell begann die Souveränität des Staates zwar 1. Januar 1993, jedoch begann fortan eine Hetze, die vor allem ungarische Bürger betraf, die in der Slowakei lebten. Noch heute bilden knapp  500.000 Magyaren etwa 8,5% der Gesamtbevölkerung der Slowakei.

Der Konflikt der Volksgruppen spiegelt sich gleichwohl im Fußballstadion. Wenn DAC Dunajská Streda auf Slovan Bratislava oder Spartak Trnava trifft, herrscht Ausnahmezustand. Dunajská Streda, ungarisch Dunaszerdahely  liegt im Süden der Slowakei und ist die inoffizielle Hauptstadt der Ungarn. Das spiegelt sich in der Fankurve, denn sämtliche Fangesänge der Ultras finden auf ungarisch statt und werden optisch mit der Nationalflagge untermalt. Der Finanzier stammt ebenfalls aus dem Nachbarland: Viktor Orban soll sich mit umgerechnet 10 Millionen Euro am Bau einer modernen Infrastruktur beteiligt haben. Die Slowakei hat bereits einen Gesetzesentwurf erlassen, der das Singen der ungarischen Nationalhymne vor DAC Spielen verbietet.

Was geschah am 16. September 1992?

Aber zurück zur eingangs erwähnten Begegnung: Das Hinspiel fand am 16. September 1992 im Téglamezei-Stadion in Bratislava statt. Etwa 1500 Auswärtsfans traten die kurzweilige Reise an. Ferencváros hatte bereits damals eine berüchtigte reisefreudige Anhängerschaft. Zusätzlich fanden sich viele ungarische Bürger aus der Slowakei im Gästesektor ein, der bereits vor Spielbeginn für lautstarke Atmosphäre sorgte. Slovan dominierte das Spiel und führte bereits mit 3:0, als es im Gästeblock plötzlich hektisch wurde. Eine vermummte Einheit der Polizei knüppelte ohne ersichtlichen Grund auf die Ultras aus Budapest ein. Die Fans versuchten sich in Sicherheit zu bringen, jedoch griff die Staatsmacht gleich von mehreren Seiten an. „Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, was die slowakische Polizei getan hat, würde ich es vielleicht nicht glauben, äußerte sich der damalige Vereinspräsident und Olympiasieger István Szívós. Etliche verletzte Fans waren das Resultat einer Europapokalnacht, welche in den folgenden Tagen auf höchster politischer Ebene diskutiert wurde. Zum Rückspiel in Budapest schworen sich die Fradi Fans Rache, jedoch blieb der Gästeblock verwaist. Ein einziger Slovan Fan reiste nach Budapest.

Knapp 30 Jahre später begegnen sich nun beide Teams erneut in der Champions League. Der Gästeblock dürfte voller werden, denn die Ultras Slovan Pressburg rufen zur gemeinsamen Anreise auf. Die Green Monsters haben derweil die Filmsequenzen des Skandalspiels wieder aufgearbeitet und der Mannschaft präsentiert.

Wir sind gespannt auf die Begegnungen und halten euch im Podcast auf dem Laufenden.