Das zweite Wochenende eines jeden Jahres ist prädestiniert für eine ausgiebige Groundhoppingtour, da die heimischen Ligen pausieren und die Ferien in der Regel beendet sind, sodass schmale Preise zum ultimativen Fussballtrip locken. In diesem Jahr gab der Spielplan allerdings nur bedingt nennenswerte Begegnungen her, vor allem weil das DWIDS Team bereits den Länderpunkt Malta einsackte. In manchen Regionen werden die Reisemonate nach Personengruppen aufgeteilt, so kommen auf Mallorca z.B im Juni die Abschlussklassen, im Juli die Fussballvereine und irgendwann in der Vorsaison die Kegelclubs. Auf Malta kommen im Januar die Groundhopper in Scharen und wir verwetten unser Hab und Gut, dass sich ein Großteil der Leserschaft dabei erwischt, in eben jenen Monat den Inselstaat besucht zu haben. Nach weiterer Recherche entschieden wir uns für einen Tag nach Italien zu fliegen, um dort einem Sechstligaspiel beizuwohnen, was zugegebenermaßen eine gewisse Skepsis bezüglich des Kosten-Nutzen-Faktors auslöste. Der Verein CS Lebowski dürfte wohl allein aufgrund des Namens in Anlehnung an den gleichnamigen Spielfilm überregionale Bekanntheit erreicht haben. Der Mythos besagt, dass in der Saison 2004/2005 einige Jugendliche zum damaligen AC Lebowski pilgerten, weil sie der Tageszeitung entnahmen, dass der Verein in der untersten Liga mit einem Torverhältnis von 1:99 auf dem letzten Tabellenplatz vegetierte, was viele deutsche Fussballblogs auch in der Form publizierten, wobei uns das unglaubliche Torverhältnis in einen regelrechten Rechercherausch trieb. Ergebnisse der „Terza Divisione“ zu finden, die über 15 Jahre in der Vergangenheit liegen, gleicht der berühmten Nadel im Heuhaufen. Die genauen Ergebnisse konnten im Nachgang zwar nicht evaluiert werden, aber das Spiel vor dem ersten Besuch der neuen Anhängerschaft endete laut einem italienischen Zeitungsartikel 2:8, was immerhin den Mythos 1:99 widerlegt. Nachdem sich regelmäßig einige Leute eingefunden haben, die teilweise auch ein Art Ruheoase fernab des Serie A Spektakels rund um AC Fiorentina suchten, bildeten sich erste Gruppen wie „Urban Kaos“ oder „Drugati“, die sich nach dem Tod des damaligen Vorsängers Gaetano im Jahr 2008 unter dem Namen „Ultimi Rimasti Lebowski“ formierten. Im Jahr 2010 erfolgten strukturelle Veränderungen und die Ultras gründeten den Verein unter dem Namen „Centro Storico Lebowski“ neu, wobei das übersetzt Altstadt bedeutet, da die Idee des eigens geführten Vereins dort aufkeimte. der auch nach deutschem Vorbild die 50+1 Regel in der Satzung verankert und somit als vermutlich einziger Verein Italiens nicht von einem etwaigen Investor übernommen werden kann. Im weiteren Verlauf errichtete man eine Fussballschule, bildete eine Jugendmannschaft und installierte ein Frauenteam im Verein. Einnahmen generierte man u.a. durch die Organisation großer Partys in der ganzen Stadt und die „Curva Moana Pozzi“ gewann an Zulauf. 2010 entwickelte sich eine Freundschaft zu den „Coloniacs“, die sich in diesem Jahr zum zehnten Mal jährte und dementsprechend reiste eine stattliche Anzahl an Kölnern in die Toskana, um das Jubiläum über ein ganzes Wochenende ausgiebig zu feiern und mit dem Besuch des Auswärtssiels beim SS Audace Galluzzo abzurunden. Unter der kleinen überdachten Tribüne fanden sich etwa 200 Gästefans ein, während wir das Spektakel außerhalb des eigentlichen Grounds verfolgten, da es beim einseitigen Ausbau keine Möglichkeit gab, einen neutralen Blick auf den gut aufgelegten Mob zu erhaschen. Im Prinzip haben wir uns dennoch auf dem Vereinsgelände bewegt, daher sollte das Kreuz halbwegs regelkonform sein. Der Stadionhaufen übertraf unsere Erwartungen um Längen und legte bereits weit vor dem Anpfiff zu herrlichen Kurvenmelodien eine richtig flotte Sohle aufs Parkett. Der Mob hatte Bock und sichtlich Spaß am Fussballgeschehen fernab jeglicher Eventkultur. Immer wieder loderten Fackeln, die den Funken leider nicht zum Überspringen brachte. Die Lebowski Elf trat zwar im Trikotsatz des 1.FC Köln an, ließ jedoch jegliche Fussballkunst vermissen, was uns allerdings nicht weiter störte. Nach dem Spiel involvierte man die Mannschaft in die Feierlichkeiten und wir verzogen uns in die Serie C nach Pistoia, wo allerdings überhaupt nichts los war.