Passend zur Podcast Ausgabe 25 möchte ich Euch einen kurzen Erlebnisbericht über das oben genannte Europapokal Qualifikationsspiel im Juli 2019 nicht vorenthalten. Zwar hatte ich das „Stade Josy Barthel“ bereits einige Jahre zuvor gekreuzt, allerdings lag die Begegnung perfekt auf unserer Urlaubsroute und wurde kurzerhand in die Planungen involviert, denn ganz uninteressant ist es nicht, wenn ein portugiesischer Verein im Großherzogtum aufschlägt.

Im Jahr 1965 erlebte das kleine europäische Land einen Ansturm portugiesischer Gastarbeiter, die von den vergleichsweise paradiesischen Arbeitsbedingungen angelockt wurden und mittlerweile gelten knapp 100.000 Portugiesen als wohnhaft in Luxemburg, was etwa 16% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Die fußballverrückten Südeuropäer gründeten ihre eigenen Vereine in Anlehnung an die heimischen Lieblingsclubs und schafften sich sogar einen eigenen inoffiziellen Ligabetrieb bis erste Vereine des linearen Ligasystems die Qualität der Mannschaften erkannten und einige Vereinsfusionen erfolgten, was die kuriosen Vereinsnamen „Hamm Benfica“ oder „Sporting Steinfort“ erklärt. Benfica, also der Mutterverein aus Lissabon erkannte den Markt und unterstützte luxemburgischen Ableger mit Namensrechten und Trikotsätzen, während man in Steinfort mangels Unterstützung bereits überlegt, zum ursprünglichen Namen zurückzukehren.

Die erste Ultras Gruppe tauchte mit den „Bad Boys Spora“ bereits 1990 beim Traditionsverein Spora Luxemburg auf, der im Jahr 2005 mit einem weiteren Verein fusionierte und nur noch wenige Fans ins Stadion lockt. Generell pendelt sich der Zuschauerschnitt der Erstligavereine im mittleren dreistelligen Bereich ein und fantechnisch rufen nur wenige Kurven konstante Leistungen ab. Die „Boys Ettelbrück“ gründeten sich bereits im Jahr 2001 und man erzählt sich, dass sich hier Ultras diverser europäischer Klubs zusammenfanden, was vermutlich die kuriose Freundschaft zu den „Bad Boys Monopoli“ erklärt, die bereits mehrfach samt Zaunfahnen anwesend waren. Eine weitere Freundschaft pflegt man seit 2003 zu Teilen der Fanszene des MSV Duisburg, da einige Boys der Gruppe „Collectivo Porto“ angehören, die wiederum mit Duisburg verbandelt ist. Ganz schön was los in Luxemburg.

Jeunesse d´Esch ist Rekordmeister Luxemburgs und scheitert jedes Jahr an der Europapokalqualifikation, was in diesem Jahr spätestens nach Auslosung des Gegners aus Portugal, wohl auch die kühnsten Optimisten realisierten.

Vitoria Guimaraes ist bei weitem nicht so erfolgreich wie „die großen Drei“ und hat demnach auch eine überschaubare Fanszene, die kaum Einzugsgebiete außerhalb der Stadtgrenzen aufweist, allerdings ist Guimaraes die einzige größere Stadt des Landes in der es keinerlei Sektionen anderer Gruppen gibt, vergleichbar mit Larisa in Griechenland. Die Ultrabewegung erhielt bereits in den Achtzigern Einzug in die Studentenstadt und erste Mobs rotteten sich unter Gruppennamen „JUVI“ „Fundadores“ oder „Legiao Vitoriana“ zusammen und schafften einen organisierten Support in der Heimkurve. Die Gruppen lösten sich aus verschiedenen Gründen einige Jahre später wieder auf 1999 gründeten sich die „White Angels“, die als zahlenmäßig größte Gruppe gelten und die führende Position der Kurve inne haben. Man pflegt eine szeneübergreifende Freundschaft zu Belenenses, während Braga aus geschichtlichen Gründen als Hauptfeind gilt, wobei Academica Coimbra und der FC Porto als weitere ungern gesehene Gäste gelten.

Am Spieltag riefen die White Angels bereits in den Mittagsstunden zum gemeinsamen Treffpunkt in der überschaubaren Innenstadt auf und verbrachten den Tag bei fast 40 Grad auf dem Marktplatz, ehe der Tross etwa eine Stunde vorm Spiel mit Fackeln und Fahnen zum Nationalstadion aufbrach, was mit knapp 4000 Zuschauern gut gefüllt schien, wenn man bedenkt, dass sich beim Derby in Esch um die 1500 Fans einfinden. In der Heimkurve rund um die Gruppen „Grenz United“ und „South Boys“ versammelten sich etwa 70 Leute hinter einer „Jeunesse International“ Fahne und bemühten sich um einen guten Auftritt bei gängigen Kurvenmelodien. Im Gästeblock blieb es über weite Teile des Spiels recht ruhig, bevor man in den letzten 25 Minuten plötzlich einen richtig starken Auftritt hinlegte und in der Nachspielzeit den 0:1 Siegtreffer bejubelte.