Eine alte Weisheit unseres Podcasts besagt, dass Lech im Europapokal vom Lospech verfolgt ist. Nachdem es für den polnischen Meister in dieser Saison zunächst nach Aserbaidschan, Georgien und Island ging, schallte es am letzten Donnerstag „Hooligans, Lech Poznan Hooligans!“ im neuen Nationalstadion Luxemburgs. Die reisefreudige Anhängerschaft feierte nicht nur den Einzug in die Gruppenphase der UEFA Conference League, sondern gleichzeitig einen abenteuerlichen Zwischenstopp in Frankfurt. In den Lostöpfen warteten einige namhafte Gegner und Fanszenen, jedoch bleibt der Fluch vorerst bestehen: FC Villareal, Hapoel Beer-Sheva und FK Austria Wien heißen die Kontrahenten in der anstehenden Gruppenphase.

Rastplatzüberfall vor 14 Jahren

Immerhin gibt es bei der Begegnung gegen Austria Wien eine brisante Vorgeschichte, die in das Jahr 2008 zurückdatiert.  Vor 14 Jahren trafen beide Vereine in der 1. Runde des UEFA Cups aufeinander, wobei die Tour vermutlich einigen Violetten in Erinnerung bleiben wird

Nachfolgend ein Erlebnisbericht der „Bulldogs Austria“ von der Busanreise zum Auswärtsspiel in Polen:

„Anfangs war alles ruhig. Ich war einer der ersten Rasenpinkler und schnell wieder im Bus. Einige Leute hatten sich in den Tankstellenshop begeben um etwas zum Essen zu kaufen. Als ich gerade auf meinem Platz direkt gegenüber des hinteren Einstieges Sitz bezogen hatte, schrie jemand plötzlich „die Polen kommen“. Was dann abging stellte Filme, wie „Football Factory“ oder „Green Street Hooligans“ in den Schatten. Etwa 50-70 maskierte polnische Hooligans stürmten auf den Bus zu. Ausgerüstet waren sie mit schwarzen Sturmmasken (zum Teil mit aufgemaltem Totenkopf), Zahnschutz, Gesichtsschutz, mit Sand gefüllten Handschuhen und Brustpanzern. Waffentechnisch reichte die Palette von unbewaffnet, über Messer, Eisenstangen, Baseballschläger  bis hin zum Eishockeyschläger. Die Jungs im Shop konnten sich im hinteren Teil mit Paletten- und Barhockerwerfen die Gegner vom Leibe halten. Für uns beim bzw. im Bus sollte es schlimmer kommen.  Einer der Ostdeutschen war gerade am Einsteigen, als ihn 3 Polen daran hindern wollten. Leider war es mir nicht möglich, ihn in den Bus zu ziehen. Sie zerrten ihn etwa 3 Meter vom Einstieg weg und bearbeiteten ihn .Was folgte spottet jeder Hooligankultur (da man eigentlich nicht auf am Boden liegende einschlägt/tritt): zu zweit wurde sein Kopf mit Tritten bearbeitet und jene die das ungeschriebene Hool-Gesetzt nicht brechen wollten, zerrten ihn ganz einfach wieder auf (denn dann lag er ja nicht am Boden) und schlugen auf ihn ein. Erst etwas später trugen 2 etwas mehrbehirnte Polen seinen Körper in den Eingangsbereich des Shops, um ihn dort in Sicherheit abzulegen, was die kurz später hineinstürmenden Angreifer aber nicht von weiteren Attacken abhielt. Sein persönlicher Fazit: Nasenbeinruch, Jochbeinbruch, evtl. Kieferbruch, Verlust einiger Zähne und 2 ausgerissen Ohrringe.

 Zeitgleich versuchten 1-3 Polen durch den hinteren Einstieg in den Bus einzudringen um weitere Opfer aus dem Bus zu zerren od. uns im Bus zu bearbeiten. Teils alleine, zu zweit oder zu dritt war es uns unter Einsatz all unserer Kräfte, völlig zugepumpt mit Adrenalin und Puls 220, möglich, die Angreifer mit gezielten Fußtritten (vorzugweise auf die „Fresse“) am Eindringen in den Bus zu hindern. Großes Lob gilt M. aus D., der allein durch hochreißen seines T-Shirts und zeigen seiner etlichen Tattoos die Polen gleich ein Stück zurückschrecken konnte. Ich selbst bin zwar eigentlich kein Raufer, aber in solch einer Situation geht es ums Überleben und da fällt es einem leichter über seinen Schatten zu springen. Verletzungen der Polen: ein paar Nasenbrüche und blutende „Fressen“ und Augen. Wir flehten den Busfahrer lauthals an doch loszufahren, doch dieser wollte erst die Türe schließen, was mit mehreren Polen im Einstieg eher unmöglich war. Diese wiederum machten sich an einem vermeintlichen Schlauch, den sie der Hydraulik der Türe zuordneten zu schaffen. Vielmehr handelte es sich aber um den Schlauch des Feuerlöschers, welcher wenig später den kompletten Bus in einem weiß/hellblauen Nebel/Rauch hüllte. Wir alle vermuteten im ersten Moment eine Tränengasattacke und schmissen uns nach Aufrufen eines Kundigen auf den Boden. Wer meint, dass Feuerlöscherpulver nicht in den Augen und der  Lunge brennt, liegt völlig falsch – das tut es und wie. Mit einem Eishockeyschläger wurden die Scheiben im hinteren Bereich bearbeitet. Diese allgemeine Verwirrung nutze der Busfahrer zum Losfahren. Ich glaube die Polen ihrerseits vermuteten einen fehlgeschlagenen Gasangriff durch uns und zogen sich ein Stück zurück.  Der Bus drehte eine Runde über die Hauptstraße zurück zu Tankstelle, da man niemand zurück lassen wollte. Die Hooligans zogen sich im Angesicht des zu erwartenden Polizeieinsatzes ganz zurück. Der Tankstellenbesitzer hatte die Cops aus einer Kammer, in der er sich mit ein paar Leuten von uns verschanzt hatte, alarmiert. Aufgrund der Brisanz dieses Spieles war es eine Frechheit, wie lange es bis zum Eintreffen der Polizeieinheiten dauerte. Nicht wenige meinen ja, dass da im Osten immer noch kooperiert wird (Polizei – Hooligans). Der Knüller war jetzt, dass uns die polnische Polizei das Weiterfahren bis zur Bezahlung einer Strafe von 350.- Euro (=1000,- Zloti) und der Herausgabe der Namen und Adressen aller Businsassen untersagte. Von da an hatten wir Polizeischutz bis zum Stadion.“

Die Neuauflage des Aufeinandertreffens findet am 27.10.2022 in Wien statt. Weitere Analysen der Europapokalauslosung erwarten euch natürlich in der nächsten Podcastfolge.